Quelle des Lebens -2-


Steven erhob sich mühsam, sein Alter und das fortschreitende Rheuma liessen ihn jeden einzelnen Knorpel spüren, welche langsam in die vorgesehenen Stellungen glitten um diesen Körper den er einst seinen "Tempel" nannte aus der Gemütlichkeit des Sessels zu hieven.
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Er spürte wie der Boden unter seinen Füßen schwankte, dem Deck der Santa Maria auf jener verhängnisvollen überfahrt gleich, die seiner Zeit den Dekadentesten und verkommensten Kontinent der Erde entdeckte.
Seine rechte Hand legte sich beinahe in Zeitlupe an seine Stirn und er schloss die Augen für einen Moment. Die schwammig, zähe Finsternis brachte ihm das nötige Gleichgewicht zurück und er konnte seinen Weg in sein Arbeitszimmer fortsetzen.
Der dicke, teure und vorallen anderen Dingen hässliche Flurläufer dämpfte seine Pantoffel bewährten Schritte als würde er auf Wolken wandeln. Er hatte den Läufer von einem Antiquitäten Händler erstanden welcher darauf schwor das er einen Emir oder Scheich gehört hatte. Steven ging es nicht darum wessen Füße diesen Lappen Stoff bereits berührt hatten, Steven ging es darum das er ihn mehrere Tausend Euro gekostet hatte.
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Vor seinem Arbeitszimmer stockte er einen Moment und verharrte. Mit einer ausgeschöpften Drehung bewegte er sich von seinem Arbeitszimmer fort in Richtung Küche. Dort angekommen öffnete er einen der Wandschränke und förderte eines seiner Kristallgläser ans Licht um es unter den laufenden Wasserhahn zu halten und seinen Inhalt mit perlender Flüssigkeit zu füllen. Steven führte das feuchte Glas gierig zu seinen Lippen und stürzte seinen Inhalt in einem Zuge ,gurgelnd hinab. Er atmete erleichtert aus während er spürte wie sich das Wasser auf dem Weg in seine Innerein langsam der Temperatur seines Leibes anpasste.
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Mit neuer Kraft verliess er die Küche und betrat sein Arbeitszimmer. Geschmackvolle Bücherregale voller Literatur der grossen Alten Männer dieser Welt schmückten die Wände, trotz der Geräumigkeit dieses Raums vermittelte er die stickigkeit und enge einer Dachkammer. Die Bucheinbände verkündeten die üblichen Namen eines gebildeten Menschen , Goethe in einer einzigartigen Edition , eingeschlagen in Leder und Blattgold. Dante, Homer, Wilde all diese Freuden intellektueller Individuen standen sauber in reih und Glied und waren bereit ihr Jahrzehnte und Jahrhunderte altes Wissen dem Leser durch die Augen in die Synapsen zu drücken und so unsterblich zu werden.
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Steven liess sich mit einem dumpfen Geräusch auf die Sitzfläche seines gepolsterten Stuhls fallen und schaltete seinen Computer ein. Dieses einzig moderne Element fügte sich beinahe selbstverständlich in die urtümliche Umgebung des Raumes ein. Beinahe als wäre er schon jetzt ein teil der Vergangenheit, unverzichtbar und unbesiegbar thronte diese grösste aller Menschlichen Entwicklungen über sämtlichen Schriften ganzer Epochen.
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Der Flachmonitor warf ein fahles Licht auf Stevens Gesicht welches seid Tagen von einem kleinen Furunkel unterhalb der Lippen entstellt wurde und verlieh ihm eine unnatürlich kranke Hautfarbe.

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