Es blutet, also kann man es töten.

" Ich hab im Moment echt keine Zeit zum bluten...."
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In der Realschule waren die Dinge nicht sehr leicht, ich versuchte mich selbst zu finden indem ich Perücken trug, laut sang oder ähnliches tat das man einem verrückten Individuum zuordnen würde. Auffallen um jeden Preis war nicht die Prämisse aber das Ergebnis.
Ich war, soviel Einsicht habe ich in langen Jahren erlangt, ein sehr anstrengendes Kind.
Ich war im Grunde nie um einen dummen Witz verlegen, genauso wenig schreckte mich das wiederholen von Floskeln und Phrasen ab. Ich ritt den Gaul sprichwörtlich tot.
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Mein Bemühen war es in keinem Zusammenhang mehr mit meinem Grundschul-ich zustehen.
Leider neige ich zu extremen und so wurde ich in der Realschule eher ein Paradiesvogel in einem zu engen Käfig als ein geschätztes Mitglied des Schülerrats.
Ausserdem verpasste ich während der langen Perioden der Pausen jede Chance mich durch Rauchen in der Clique zu profilieren, nicht zu rauchen war kein Grund für die anderen mich zu ignorieren, im Gegenteil, es war ihnen im Grunde egal was ich tat und ich genoss diesen Umstand.
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Die skurrilität meiner Handlungen beschied mir eine Art Anti-Personen-Schild, durch diesen praktisch Umstand ersparte ich mir eine Menge falsche Freunde und Enttäuschungen.
Ich durchbrach dieses selbstgewählte Exil nur ein paar mal. Das prägenste war sicher das folgende:
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Es war ein Frühlingstag, die Vögel sangen unmelodisch daher und die Weiden bogen sich unter der Last von dutzender kleiner fetter gefiederter Körper auf ihren Ästen.
Ich hatte meine Lieblingsperücke (Blauer Afro) in der Pause zur Schau getragen und genoss die Belustigung der anderen Schüler.
Meine Aufmerksamkeit wurde mir jäh entzogen als sich von jenseits der Schulmauer, kampfeslärm erhob, in Ermangelung einer Unterhaltungalternative ging ich dem Strom von begeisterten Hobby Voyeuren nach und musste hinter dem Durchgang welcher Schulhof und Sportbereich trennt sehen wie ein Klassenkamerad der mir zwar nicht sonderlich bekannt war aber den ich in die Schublade: angenehm : gesteckt hatte von einem Parallelklässler Prügel bezog.
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Parallelklässler waren, und viele von ihnen werden mir zustimmen, vom Teufel geschickte Dämonen ohne Seele und Moral um die Erde langsam durch ihre bloße anwesenheit zur völligen Zerstörung zu peitschen. Ähnlich wie der große Bruder der Parallelklassen , die Parallelgesellschaft.
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Ich war nie ein Freund von Schlägerein.
Ich hatte in meinem Leben bis zu diesem Moment auch noch nie eine Gewonnen.
Wobei ich beteuere das dies immer daran lag das ich von mindestens 3 verprügelt wurde, ein Umstand der mir wirklich langsam gegen den Strich ging.
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Nun stand ich also zwischen Dutzenden Schaulustigen und betrachtete diesen "Kampf".
Es dauerte genau 2 Minuten bevor mir auffiel das alle nur schauen, selbst Freunde dieses Klassenkameraden, also tat ich das einzig richtige.
Ich nahm meine Perücke ab, legte sie ab und sprang dem Paralellklässler mit dem knie in den Rücken.
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( Die Gentleman unter ihnen mögen diesen taktischen kniff entschuldigen, aber ich war von schwachem wuchs und hätte eine Handschuh-ins-Gesicht-Duell-Herausforderung wohl nicht überlebt)
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Mein Klassenkamerad nutze den Moment der Ablenkung und verschwand in der Masse der umstehenden. Ich vielmehr wurde nun leider in den wahrnehmungskreis des Parallelklässlers gedrängt. Wie ich sagte war mein wuchs eher schmächtig und mein Knie+rücken Angriff war irgendwie weit davon entfernt den Kontrahenten in die nächste Ansammlung Mülltonnen zu befördern wie es immer so formvollendet in den klassischen Filmen dieser Zeit passierte.
Ich hielt mich wacker, wich gut aus und machte den Kampf so erschöpfend langweilig bis die Pausenklingel läutete.
Diese Situation hatte zwei Dinge zur folge:
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1)Der Klassenkamerad hat sich nie bedankt.
2)Der Parallelklässler wollte mich umbringen.
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Die war der Tag an dem ich viel meines Selbstvertrauens, basierend auf Masken und gehampel, wieder verlor und gegen Angst eintauschte.
Meine Noten fingen an schlechter zu werden, langsam..aber sicher.

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