Rück. weg.

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"Du hast die Wahl gehabt zwischen der richtigen und der falschen Entscheidung...."
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Er wischt mit den Fingerkuppen über die Ansammlung von Kondenswassertropfen die an dem Sichtfenster, das seine Mondstation mit der Aussenwelt verband, hinab tropft. Es war seid Jahren bewiesen das die Strahlung auf dem Mond nicht ausreichte um einen Menschen ernsthaft zu schaden. "Warum fühlt man sich dann immer elend?", dachte er laut vor sich hin.
Ausserhalb seiner Station wackelten ungeschlachte Roboter über die Oberfläche des kargen Trabanten und sammelten Proben, gelegentlich hielt einer der mechanischen Greifarme inne und betrachtete einen besonders auffälligen Fund wie ein Kind eine Muschel am Strand betrachten würde. "So wie man Lippen berühren würde nach einer langen Zeit der abwesenheit..." sinnierte er leise vor dem Sichtfenster. Er hatte sich angewöhnt mit sich selbst zu reden....oder mit ihr.
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Sie... das war ein besonderer Fund gewesen.. Sie war ein kleiner Meteoriten Kiesel, augenscheinlich beschädigt, voller Makel und unzulänglichkeiten.Einer der Roboter hatte ihn mit in die Schleuse getragen, dort war er ihm abhanden gekommen und verstopfte die Luftabsaugdüse. Es war bemerkenswert das der Kiesel die Düse perfekt ausfüllte als wäre er für sie gemacht. Wie der sprichwörtliche Topf zum Deckel, würde sein grobschlächtiger Vater anmerken. Als er sie fand, und er wusste das dieses leblose Stück Gestein weiblich war so wie er wusste das er der letzte Mensch auf dem Mond war, empfand er eine merkwürdige form der Empathie mit diesem kleinen Kiesel der sich weigerte in die Endlosigkeit des luftleeren Raums gesaugt zu werden. Das matte Funkeln erinnerte ihn an die Spieldose seiner Tochter, jene Spieldose die vermutlich unter Tonnen von Schutt und Asche begraben liegt irgendwo auf dieser grossen Blaugrünen Kugel im Weltraum. Dieser kleine Stein rührte etwas in ihm an das er lange vergessen hatte, er polierte sie und gab alles damit sie glänzen möge. Doch wie sehr er sie auf pflegte, die Risse waren immer zu erkennen.
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Wie er da am Sichtfenster stand. So völlig Einsam und in sich gekehrt, begannen unvermittelt die Sirenen der Sauerstofftransformatoren aufzuheulen. Er schreckte aus seinen Gedanken auf nur um zu sehen wie das Fenster das seine Steuereinheit umhüllte feine Risse bekam. Voller Panik hetzte er durch die Enge der Station um die Fensterscheibe zu erreichen und mit dem Plastoschaum zu versiegeln, ohne das er es bemerkte fiel sie ihm dabei aus der kleinen Tasche seines Overalls und landete mit einem hellen Geräusch auf dem metallverkleideten Boden.
Grade als er vor dem Glas zum halten kam platze der Riss zu einem Loch auf und saugte die Luft kreischend hinaus in die atemlose Stille.
Wie auf ein Befehl hin, rollte der kleine Kiesel vom Sog in schwung gebracht richtung Amaturen, fing dann jedoch ohne ersichtlichen Grund an leicht zu springen, an höhe zu gewinnen und am Ende seiner Fallkurve gradewegs in das Loch zu schiessen... und es somit für einige Momente zu versiegeln. Ohne nachzudenken griff er zum Plastoschaum werfer und nebelte das Fenster komplett ein. Als der Schaumgeräuschvoll trocknete und sein Überleben gewährte, wurde ihm bewusst das er sein Leben einem kleinen Kiesel verdankte der zufällig ihn fand. Einem Kiesel wie Tausend andere Kiesel aber dennoch einzigartig...und wenn er es nur für ihn war.
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Es war am selben Abend als er die Erde das erstemal seid 8 Jahren anfunkte und einen Heimflug verlangte. Seine Hände legten den Hörer des Funkgeräts zitternd auf als dieser Heimflug bewilligt wurde. Er legte seinen Anzug an, öffnete die Schleuse seiner Station und verliess diese um von aussen an die versiegelte Scheibe zu gelangen. Dort angekommen betrachtete er den kleinen funkelnden Kiesel umgeben von künstlichem Schaum und das todbringende Loch verstopfend, hinter ihm trabte ein müdewirkender Roboter seine endlosen Wege ab. In dieser Umgebung von Künstlichkeit und Ödniss war ein kleiner Kiesel alles für einen Menschen geworden. Er vergrösserte das Loch etwas mit seinem Taschenmesser und zog Sie aus dem klebrigen Schaum. Am Himmel sah er die Lichtblitze die das kommen eines Überraum Schuttles ankündigten, also besah er sich den kleinen Stein, drehte ihn zwischen den Fingern und saugte sein Bild in sich auf. Jede schimmernde unebenheit, jeder Makel war ihm vertraut, jeder Fehler an seiner Oberfläche war ihm lieb und teuer.
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Als er sich fragte was dieser kleine Stein hatte das ihn so fesselte fing dieser an sich zu rühren.
Kleine weisse Flügel kämpften sich den Weg durch die harte Oberfläche und brachen diese auf, ein winziger Schnabel hakte die Schale die ihn umgab kaputt und setzte diese kosmische Geburt so zu einem langsamen Ende fort. Langsam begriff er, holt mit dem Arm weit aus und schleuderte den Kiesel weit von sich fort in den Himmel, am Scheidepunkt seines Aufstiegs brach der Kiesel entzwei und gab die zierliche Gestalt eines taubenähnlichen Vogels frei. Übergangslos schwang sich diese Kreatur in die luftlosen Höhen der Galaxie und der zurückbleibende Kosmonaut begriff das der Kiesel ihn gerettet hatte aber er nur den Kiesel retten konnte wenn er ihn gehen liess.
Als der Transporter nahe seiner Mondstation landete und die Ladeluke langsam herabsenkte ,stand er bereits dort und wartete. Als er hinein ging in das Raumschiff sah er sich nicht mehr um. Es gab nix mehr zum zurückblicken. Er war auf seinem Rückweg und als er aus dem Sichtfenster neben seinem Sitz im Schiff blickte war ihm als begleite der Sphärensegler seinen Flug. Würde er immer da sein? Er wusste es nicht, er wusste aber das er immer da sein würde sollte diese bezaubernde Kreatur jemals wieder in ihre starre Steinform verfallen und seinen Weg kreuzen.
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Kosmische Sphärensegler besiegen die Naturgesetze mit dem einzigen das alle Wesen erheben kann, mit der Liebe eines anderen Wesens. Vergeht diese Liebe werden sie zu unscheinbaren Kieseln und bleiben dies meist für Millionen von Jahren. Der Kosmonaut dachte das es ihm so ging wie dem Kiesel, dort oben weit ab von allem, dort oben in der Einsamkeit war das einzige das sie zu dem machen konnte was sie sind die wärme eines schlagenden Herzens.
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"Obwohl ich das weiss, wähle ich den Weg von ihr fort und hoffe auf ein Wiedersehen" Dachte er laut, er hatte immer das Gefühl mit sich selbst zureden, ausser wenn er mit ihr redete.

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